Künstler schlagen Arbeiter
Mit dem Derby zwischen Wiesendangen und Phönix Seen wurde die Meisterschaft in der 2. Liga wieder aufgenommen. Das Resultat – ein 3:1-Sieg für die Städter – war korrekt.
Natürlich – die Profis haben während der Pandemie (fast) immer gespielt. Es war also nicht wirklich etwas Neues, dass sich mit Wiesendangen und Phönix Seen am Samstag zwei Fussballmannschaften gegenüberstanden. Aber im Amateurbereich wars nach über sieben Monaten Pause eben doch eine Premiere, was auch die Clubs fordert. Es sind gibt Vorgaben, selbst bei einem Spiel in der 2. Liga. «Es ist nicht einfach, alles korrekt umzusetzen», sagte Wiesendangens Präsident Ruedi Meier. Das Ergebnis der Bemühungen war akzeptabel: Auf der Tribüne links wurden die Masken meist getragen, rechts eher weniger und auf der VIP-Terrasse des neuen Garderobengebäudes fand ohnehin ein privater Anlass statt. Man tat, was man konnte und was vernünftig war. Für die Spieler geht es um viel. Wiesendangen kämpft mit einem Mammutprogramm von fünf Spielen innert zweieinhalb Wochen gegen den Abstieg. Phönix winkt die Chance, zum Ende der langen Ära von Trainer Abramo D’Aversa den Aufstieg in die 2. Liga interregional zu realisieren. Beide Teams hatten zwei Tage vorher schon einen Ernstkampf bestritten: Wiesendangen holte mit einem 2:2 im ersten Nachtragsspiel gegen den FC Schaffhausen 2 einen wichtigen Punkt, Phönix schied im Zürcher Regionalcup gegen den Drittligisten Oetwil-Geroldswil aus, konnte aber Kräfte sparen.
Derbe Fouls, Gelbe Karten. Die Motivation war hoch, am Anfang gabs von beiden Seiten derbe Fouls, ehe der Schiedsrichter mit der einen oder anderen Gelben Karte einschritt. Phönix hatte mehr individuelle Klasse im Team, vor allem in der Offensive, Wiesendangen hielt mit Einsatz dagegen. Allerdings war das nicht genug, zumindest in der ersten Halbzeit nicht, wie Trainer Mike Keller monierte: «Mit der Art und Weise, wie wir in der ersten Halbzeit aufgetreten sind, bin ich nicht zufrieden. Es fehlt der Biss, wir kamen nicht in die Zweikämpfe. Vielleicht war der Respekt zu gross.»Phönix führte die feinere Klinge und ging deshalb 2:0 in Front. Erst traf Murat Yildiz und dann zeigte Markeljan Sema, was den Unterschied zwischen diesen beiden Teams ausmachte: Er nahm im Strafraum einen weiten Ball vorbildlich an und war im Abschluss sicher. Phönix hätte auch höher führen können. Denn in der ersten Halbzeit wurde ein Strafraumfoul von Zinedin Fresneda an Sedat Nuhiji nicht gepfiffen. Und unmittelbar nach der Pause vergab Murat Yildiz gleich zwei Topchancen für die Winterthurer.Also wurde es nochmals spannend, denn Wiesendangen wurde nach einer Stunde doppelt beflügelt: Erst verkürzte Fabian Meli auf 1:2, unmittelbar danach wechselte Trainer Keller drei neue Spieler ein. Der Match stand eine Zeitlang auf der Kippe. Tim Stanger hätte mit einem Heber beinahe den Ausgleich erzielt, Phönix-Goalie Alessio Arlotta verhinderte dies. Aber viel mehr war dann doch nicht. Phönix hatte zwar Probleme und baute ab, zu vielen Chancen aber kam Wiesendangen nicht mehr. Mit Semas zweitem Tor zum 3:1 nach einem Schnitzer in der Wiesendanger war die Partie zehn Minuten vor Schluss entschieden. Gute Aussichten für Phönix «Wir waren physisch überlegen und hatten nach dem Tor zum 1:2 den Schwung. Doch das 1:3 hat uns das Genick gebrochen. Am Ende waren wir zuwenig clever, um Punkte mitzunehmen. Aber wir haben eben eine junge Truppe auf dem Platz mit vielen Spielern, die wir hier in Wiesendangen ausgebildet haben», betonte Keller. Wiesendangen hilft der eine in Schaffhausen gewonnene Punkt immerhin, sich im Abstiegskampf über Wasser zu halten.Der Phönix-Trainer Abramo D’Aversa war mit dem Erreichten zufrieden: «Ich hatte ein gutes Gefühl, denn ich wusste: Wir sind bereit. Zwar haben in den letzten 20, 25 Minuten die Kräfte nachgelassen, doch da fehlt uns eben noch der Rhythmus. Man muss aber schon sagen: Wir hätten den Sack schon lange zu machen müssen. Dann bekommen wir das 1:2 und es wird hektisch. Aber meine Jungs haben das dann sehr gut gemacht. Ich glaube, wir haben den Sieg mehr als verdient.»Für Phönix bedeutet das: Man ist bis auf einen Punkt an Leader SV Schaffhausen herangerückt und könnte am nächsten Sonntag mit einem Heimsieg gegen Uster weiter Druck ausüben, ehe in zwei Wochen die Direktbegegnung gegen die «Spielvi» ansteht. Das sind schöne Perspektiven.
Urs Kindhauser